Als wir zwei Brüder unseren Familienbetrieb, die Grassmayr Glockengießerei, in der 15. Generation übernommen haben, war das Gewerbe von Tradition beherrscht. Hätten wir weiter so gearbeitet wir früher, wären wir jetzt weg. Stattdessen haben wir uns einen Leitspruch gewählt – „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“ – und geschaut, dass wir die Innovativsten sind und die schönsten Glocken gießen.
Unsere Glocken läuten heute auf allen Kontinenten der Erde, für acht christliche Konfessionen mit kulturell angepassten Verzierungen sowie als Musikinstrumente in Konzerten. Die derzeit größte schwingende Kirchenglocke der Welt wurde 2016 von der Glockengießerei Grassmayr für die neue Kathedrale in Bukarest gegossen. Sie erklingt mit ihrem tiefen, bewegenden Schlagton c/0, hat eine Höhe von über 3 Metern und wiegt über 25 Tonnen. Zum Vergleich: Die Pummerin im Stephansdom wiegt ca. 20 Tonnen.
„Mit der Sehnsucht nach der Stradivari unter den Glocken arbeiten wir stetig an Verbesserungen. Und das Resultat hat sich herumgesprochen.“
Wir haben das Gefühl, dass es unsere „karmische Aufgabe“ ist, nicht einfach weiter zu arbeiten wie bisher, sondern die Glockengießerei wie in einer Metamorphose weiter zu entwickeln. Das ist uns zum Glück auch gelungen. Die Glocken, die wir heute gießen, sind in der Klangharmonie viel schöner als noch vor einigen Jahren und wir sind schon neugierig, was wir in den kommenden Jahren noch erleben dürfen. Ergänzend zum Know-how der 400-jährigen Tradition liegt das Geheimnis in der komplexen Vernetzung mit neuen Werkzeugen und Computersimulationen.
Nach mehrjährigen Forschungen auch in Zusammenarbeit mit Universitäten haben wir uns eine weitere Kompetenz, das Restaurieren historischer Glocken, erarbeitet. Risse, meist verursacht durch hohe Belastungen der Klöppelanschläge, lassen Glocken verstummen. Ziel ist es, Glocken mit Schäden denkmalgerecht zu restaurieren, so dass sie in Zukunft wieder mit ihren historischen Tönen erklingen können. In den vergangenen Jahren wurden aus acht Ländern Glocken zum Restaurieren nach Innsbruck gebracht, die älteste aus dem 14. Jahrhundert. Mit Glocken aus verschiedenen Ländern wird derzeit auch die bekannte Glocke vom Wiener Kahlenberg restauriert.
Derzeit gießen wir zwei Glockenspiele, eines für Shanghai in China und das andere für eine Kirche in der Nähe von Passau. Zudem fertigen wir – immer mit dem Gedanken an die Stradivari – derzeit an Glockengeläuten für Deutschland, Rumänien, Italien und für ein neues Kloster in Ohio in den USA.
Seit über 200 Jahren werden in der Glockengießerei Grassmayr auch Klangschalen gegossen; früher für den Stundenschlag oder z.B. als Signal für den Arbeitsbeginn in Brauereien, heute erklingen diese weiterentwickelt als Musikinstrumente in berühmten Orchestern von Palermo bis St. Petersburg in Russland.
Vor dem Bau der Eisenbahn war der Transport ein großes Problem, weshalb die Glockengießerfamilie Grassmayr jeweils über den Bergen in Brixen und in Feldkirch Glockengießereien errichtete. In der heutigen vernetzten Welt ist der internationale Transport einfach zu organisieren und relativ kostengünstig. Dafür besteht die Herausforderung, sich in diesem schmalen, schrumpfenden Marktsegment zu behaupten und sich klangvoll mit Innovation und Qualität durchzusetzen.
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