Als Marillenbauer aus Krems-Angern, sollte man Hellseher sein. Marillen reifen nämlich nicht nach, man kann sie also nicht unreif einlagern. Idealerweise pflückt man sie fünf Minuten, bevor sie von selbst zu Boden fallen.
Bei Marillen kenne ich mich aus. Schließlich bin ich mit ihnen groß geworden. Als mein Vater Horst in Pension ging, übernahm ich den Marillenhof in Krems-Angern. Unsere außergewöhnlichen alten Obstbäume stehen rund um den Göttweiger Berg am östlichen Beginn der Wachau.
Als in den 1920er Jahren die Reblaus den Großteil der Weinstöcke in der Wachau zerstörte, suchten wir nach Alternativen. Und kamen auf die Marille. Ihre Saison beginnt seither aber nicht erst mit der spektakulären Blüte. Neben meiner Arbeit als Marillenbauer, bin ich auch noch Direktor einer Baumschule für Marillen. Und so kümmere ich mich schon im Februar um den Nachwuchs.
„Wir züchten unsere Bäume selbst, damit unsere Wachauer Marillen erhalten bleiben.““
Im Winter werden die Edelreiser von den besten Bäumen geschnitten und auf Wurzeln von wilden Zwetschken gepfropft. Die jungen Bäume kommen dann für ein Jahr ins Glashaus und können sich hier für die Auspflanzung rüsten. Ich setzte auf die Wachauer Paradesorte Kremser und Klosterneuburger Marille.
Die Blüte ist jedes Jahr wieder spannend und beeindruckend. Manchmal beginnt das Spektakel schon Mitte März und die Frostgefahr lässt uns bangen. Mit allerhand Tricks versucht man der Kälte zu begegnen: Etwa indem man zwischen den Bäumen Reisig verbrennt oder Fackeln anzündet. Nach überstandener Blüte werden die Bäume ausgedünnt: Unreife, mit Kennerblick als chancenlos erkannte Früchte werden gepflückt, so können sich die übrigen besser entwickeln.
Der Reifezeitpunkt der Wachauer Marille liegt im Juli. Wann genau, das variiert jedes Jahr. Auch innerhalb der Wachau. Rund um Krems sind die Marillen früher reif als im westlichen Spitz. Und dann wird mit den traditionellen Zisteln geerntet. In diesen spitzen Weidenkörben gelangen die Marillen in unsere Küche. Marmelade wird eingekocht und süßer Marillennektar kommt in die Flaschen. Und natürlich wird auch der regionale Marillenbrand hergestellt.
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